5 Takeaways vom Bar Convent Berlin 2025

08 Oktober 2025

Wohin geht die Reise für die internationale Barkultur? Was brauchen Businesses, um in toughen Zeiten wie diesen attraktiv und erfolgreich zu sein? Und last not but least: Was wünschen und fordern die Gäste? Das Education-Programm des Bar Convent Berlin bot der globalen Bar- und Spiritsbranche auch in diesem Jahr wieder viele wertvolle Tipps und Impulse von Expertinnen und Experten aus der Hospitality. Hier sind unsere 5 Takeaways aus den Panels und Talks.
1. Community is crucial
 

Bars brauchen eine Community. Oder in den Worten der amerikanischen Unternehmerin Ezra Star („Artifact“, „Call Me Al“, „Mostly Harmless“, Hong Kong): „A bar is all about community. If you don’t have that, you are not a bar – but just a place where people grab a few drinks.“ Während das Jagen nach Awards und internationalem Renommé schlimmstenfalls dazu führt, dass die Kernwerte und die Integrität des Betriebs beschädigt werden, rät sie dazu, eine lokale und loyale Community aufzubauen, erklärte sie in ihrem spannenden Talk „Beyond the Accolade: Focusing on Sustainable Growth and Intrinsic Value in the Cocktail Bar Industry“. 

Die Werkzeuge dazu sind

handwerkliche Exzellenz durch hohe Standards bei jedem Cocktail und jedem Service, um sicherzustellen, dass jeder (und wirklich jeder) Gast ein großartiges Erlebnis hat.

persönlicher Service – maßgeschneidert mit individuellen Empfehlungen, Aufmerksamkeit und Reaktionsschnelligkeit.

Community-Engagement und Förderung des Gemeinschaftsgefühls durch Beteiligung an lokalen Veranstaltungen und Kooperationen, um einen starken und treuen Kundenstamm aufzubauen.

echte Gastfreundschaft durch Herzlichkeit und durch Wertschätzung auch von gelegentlichen Gästen, um dauerhafte Beziehungen aufzubauen.

→ und Interaktionen, die in Erinnerung bleiben und über die reine Dienstleistung hinausgehen, um eine herzliche, integrative Atmosphäre zu schaffen.

 

Die Basis für den Erfolg? Ständige Weiterbildungsangebote und Entwicklungsmöglichkeiten für alle Mitarbeitenden. 175 Bartenderinnen und Bartender hat Star in ihrer fast 30-jährigen Karriere ausgebildet – und weit mehr als die Hälfte ist immer noch in der Branche tätig, oft mit eigenen Betrieben. 

Ezra Star - BCB 2025

2. Mäßigung ist Mainstream  

 

Laura Willoughby von „Club Soda“ aus London und Camille Vidal von „La Maison Wellness“ aus Paris hatten zu ihrer Präsentation „Understanding the No & Low Category“ eine klare Botschaft mitgebracht: Mäßigung (im Konsum alkoholischer Getränke) ist jetzt Mainstream. In allen großen Märkten nimmt der Anteil alkoholfreier oder -reduzierter Produkte zu, weil immer mehr (und besonders jüngere) Menschen teils oder ganz auf Alkoholkonsum verzichten – nicht aber auf das Ausgehen in Bars und Co. Drei neue Konsummuster haben die Expertinnen identifiziert:  


„Zebrastriping“, ein Hin- und Herwechseln zwischen alkoholischen und alkoholfreien Getränken

„Coasting“, es werden den ganzen Abend hindurch entspannte Low-ABV-Drinks getrunken


„gone NO“, es werden ausschließlich alkoholfreie Drinks genossen  


 

Ein Problem für Bars? Nein, sagen die Expertinnen: Die DNA der Hospitality sei schließlich nicht der Alkohol, sondern Menschen willkommen zu heißen. Um deren Bedürfnisse zu befriedigen, könne man beispielsweise „gespiegelte“ Barkarten einführen: jeden Drink einmal mit und einmal ohne Alkohol. Was eine Herausforderung ist, denn einen guten Drink „ohne“ zu kreieren, ist schwieriger als „mit“. Hier ist mixologisches Talent gefragt! 

Produkte dafür sind reichlich vorhanden, sie konnte man auf der Messe überall sehen und probieren. Sie reichen von solchen, die Gin, Rum und Co. imitieren, über alkoholfreie Bitters oder mit Essig (ähnlich wie Shrubs) hergestellte Modifier für Cocktails bis hin zu geschmacklich eigenständigen New-Wave-Getränken, die vielseitig mixbar sind. Für gute Low-Drinks empfehlen Willoughby und Vidal, besondere alkoholfreie Produkte mit alkoholischen wie Schaumwein, Aperitifs oder Spirituosen zu kombinieren. Die Zeiten süßer Mocktails aus Saft und Sirup sind vorbei, so ihr klares Fazit. 

Camille Vidal & Laura Willoughby, BCB 2025

3. Die Karte prägt die Identität einer Bar


Randvoll war der Talk von Danil Nevsky. Kein Wunder, ist er doch bekannt dafür, erstens kein Blatt vor den Mund zu nehmen und zweitens immer handfeste Tipps mitzubringen. Der „Indie Bartender“ hat Anfang 2025 mit Unterstützung von SIP das ambitionierte Projekt Cocktail Menu Collection gestartet, eine digitale Sammlung von Barkarten aus aller Welt. Ziel ist, sie zu erhalten (wechselt das Menü oder das Team, sind viele Karten für immer futsch), ihre Kreativität zu zeigen und sie als Inspiration für eigene Karten zugänglich zu machen. Über 320 Karten hat Nevsky schon hochgeladen.

 

In seiner Präsentation „The Cocktail Menu Manifesto: Cocktail menus are more than just pretty paper“ machte er deutlich: Eine Barkarte ist nicht bloß eine Auflistung, sondern ein strategisches, wirtschaftliches, aber auch kulturelles und sensorisches Tool. Ihre Rolle kann nicht überschätzt werden, für die Gäste ist sie ein wesentlicher Teil der Wahrnehmung der gesamten Bar, so Nevsky. Visualität, Haptik und Gewicht, Farbgebung, Schriftarten, Bilder oder Illustrationen – um die Vielfalt (be)greifbar zu machen, gab (beziehungsweise schleuderte) Nevsky einige mitgebrachte Exemplare ins Publikum. Und so unterschiedlich sie im Format und Konzept auch sein mögen - zwei Erfolgsfaktoren gelten für alle:

→ das „goldene Dreieck“ ist Gold bzw. Geld wert. Nach oben rechts auf der Karte wandert der Blick der allermeisten Gäste zuerst, dann nach oben links, und in der Mitte unten bleibt der Blick am längsten hängen. An diese Punkte gehören margenstarke Drinks, wichtige Infos sowie Empfehlungen.

→ der durchschnittliche Gast verbringt fast zwei (!) Minuten damit, eine Barkarte zu lesen, was der wesentlich kürzeren Aufmerksamkeitsspanne des Social-Media-Zeitalters widerspricht. Heißt: Nach einer halben Minute wird’s anstrengend. Darum sollte das Wichtigste auf den ersten drei bis vier Seiten stehen. 


Aktuell wertet Nevsky die Karten seiner Kollektion per KI aus und hat einen „Cocktail Menu Complexity Index“ entwickelt: Wie verständlich, transparent und attraktiv ist eine Barkarte für die Gäste? Dieses wertvolle Tool stellt er demnächst der Bar-Community kostenlos zur Verfügung, und die Folien seines inspirierenden Talks gibt es hier.

Danil Nevsky - The Cocktail Menu Manifesto, BCB 2025

4. Belästigung am Arbeitsplatz Bar: Wir müssen reden!
 

Hospitality ist nicht nur schillernd und bereitet Menschen eine gute Zeit. Es gibt auch die dunklen, viel zu selten beleuchteten Seiten, nämlich Missstände wie Belästigung, Missbrauch bis hin zu Fällen sexueller Gewalt. Die Bartenderinnen Alex Hooker und Jenna Hemsworth waren aus Australien angereist, um in einer von SIP initiierten Runde über diese Reizthemen zu sprechen: „Hospitality has a Hangover“. Offen teilten sie ihre persönlichen Erlebnisse sexueller Belästigung am Arbeitsplatz Bar. Als sie damit vor einiger Zeit an die Öffentlichkeit gingen, traten sie in Australien eine Welle von Medienberichten, Entlassungen und Anzeigen bis hin zu Verkäufen von Betrieben los. Und mit Sorry Not Sorry haben sie, gemeinsam mit weiteren Personen aus der Hospitality, eine internationale Initiative gegründet, die  


Aufklärung über Missstände in der Branche (Belästigung, Diskriminierung, toxische Kultur) schaffen


→ Betroffene durch Beratung (u.a. mentale Gesundheit, Rechte) unterstützen  

→ und den kulturellen Wandel hin zu sicheren, fairen und inklusiven Arbeitsbedingungen befördern will 
 
 

Mit dem per Fundraising finanzierten Projekt sind sie jetzt auf vielen Branchenevents unterwegs, um in einem safe space die Möglichkeit zum Austausch zu bieten und dazu beizutragen, dass die Branche sich zum Besseren wandelt. „Niemand möchte zur Arbeit gehen und sich dabei unsicher fühlen. Man sollte niemals zwischen einem Einkommen und dem Gefühl der Sicherheit wählen müssen“, so Jenna Hemsworth. 

Alexandra Hooker & Jenna Hemsworth, Sorry Not Sorry Collective - Hospitality has a hangover, BCB 2025

5. Storytelling in der Bar: den Ratatouille-Moment reproduzieren
 

Ryan Chetiyawardana ist zweifellos einer der absoluten Vordenker der Barkultur – von ausgefeilter Mixologie und flüssigen Innovationen bis hin zu richtungsweisenden und vielfach preisgekrönten Barkonzepten wie „Lyaness“ (London), „Silver Lyan“ (Washington) und der „Seed Library“, die demnächst neben London einen Ableger in New York bekommt. Sein Vortrag „Storytelling and how it maximises creativity and hospitality“ tauchte tief in die Materie der narrativen Kommunikation an der Bar ein. Die wichtigsten Erkenntnisse:

Storytelling in der Hospitality ist komplex in der Umsetzung: Von der Lichtsetzung über Musik, Drinks und die Karte (siehe Danil Nevsky) trägt alles zum „Makro-Narrativ“ bei.

→ Herstellungsprozesse und Besonderheiten von Spirituosen sind nur bedingt nutzbar, weil sich nicht alle Gäste dafür interessieren.

Dialog statt Monolog – die Gäste und das, was sie interessiert, sind Teil des Storytellings.

Allegorien und Metaphern (auch visuell, auditiv oder in Form der Zutaten) nutzen, um Tiefe und Verbindung herzustellen.

Spannung aufbauen: 2023 gab es im „Lyaness“ einen „Tornado Sazerac“ mit einer Story, die sich auf die Stadt Moore/Oklahoma bezieht. Sie wurde über 20 Mal von Tornados verwüstet und jedes Mal wieder aufgebaut. Die Bewohner berichteten, dass ein eintreffender Tornado den unheimlichen Geruch von angezündeten Streichhölzern verbreite. Die Sazerac-Adaption wurde darum mit Räucherholz und „Streichholz-Grenadine“ verfeinert, um diesen Moment ins Glas einzufangen. Ergebnis: Gäste, die sonst nie einen starken Sazerac bestellen würden, orderten diesen Drink.

make it delicious: Exzellenz der Drinks macht die Story perfekt.

→ das Ziel ist der Ratatouille-Moment - ein Geschmack löst unerwartete Gefühle, Erinnerungen und Begeisterung aus. Aber nicht als Glückstreffer, sondern gezielt über Story, Präsentation und Kreation hergestellt, sodass alle Gäste ihn erleben können und begeistert sind.

Mehr Eindrücke vom BCB hier
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