Mehr Aperitif, weniger Alkohol – und das große Bedürfnis nach Gemeinschaft:
SIP-Vortrag von Tanja Urbanowicz auf dem Bar Symposium Cologne

28 Mai 2025

Welche Getränke bringen Umsatz und was können Bartender*innen tun, um ihre Gäste auch in Zukunft zu erreichen und glücklich zu machen? Tanja Urbanowicz von Pernod Ricard Deutschland
brachte zu ihrem Vortrag auf dem Bar Symposium Cologne weder eine Glaskugel noch Bauchgefühl mit – sondern harte Zahlen. Die sind ihre Spezialität – als „Senior Insights & Intelligence
Manager“ weiß sie genau, wohin sich der Markt entwickelt und wo Potentiale schlummern. Unter dem Titel „Nüchtern betrachtet“ zeigte sie den Barprofis, wie sich mit Spritz-Drinks,
alkoholfreien Alternativen und neuen Programm-Angeboten Gäste gewinnen lassen.

Dass in der Gastronomie derzeit keine „Happy Hour“ herrscht, ist bekannt. Zeigen auch die Zahlen: Die Umsätze in der Gastronomie befinden sich weiterhin unter Vor-Corona-Niveau und zwischen Gästen und Branche herrscht aktuell eine „On-Off-Beziehung“, wie Tanja Urbanowicz es nennt: Absturz der Umsätze in der Pandemie, Boom nach deren Ende 2022, zuletzt jedoch erneut leichte Rückgänge: 2024 sanken die Umsätze um 2,5%. Doch trotz dieser sehr ernüchternden Zahlen hatte die Marktforschungs-Expertin von Pernod Ricard eine leicht positive Prognose für die Barleute parat, denn aktuell zieht die Wirtschaft wieder etwas an, für dieses Jahr wird immerhin ein leichtes Wachstum prognostiziert, nachdem es zuletzt zwei Rezessionsjahre gab. „Ich bin positiv, dass es für die Branche besser wird“, so Urbanowicz. Besonders gute Aussichten auf Umsätze mit alkoholischen Getränken in der Gastronomie bietet, das zeigen ihre Zahlen deutlich, vor allem eine Kategorie.

 

 

Aperitif pays the bills
 

Denn während klassische Spirituosen wie Vodka, Gin oder Rum rückläufig sind, wächst die Aperitif-Kategorie von Jahr zu Jahr weiter. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass nur ein Drittel derjenigen, die in der Gastronomie Spirituosen konsumiert haben, eine hochprozentige wie die oben genannten wählten, zwei Drittel hingegen die weniger starken Aperitifs. „Das war vor drei Jahren noch anders. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo Aperitif das Maß aller Dinge und Ausdruck des Zeitgeistes ist“, sagt Tanja Urbanowicz. 2024 ist die Kategorie gegenüber dem Vorjahr noch einmal um satte 48% gewachsen. Und hieß es in der Barwelt bislang „vodka pays the bills“, so zahlen die Rechnung nun Aperitifs: Bereits 15 % des Spirituosen-Absatzes entfallen auf sie, Wodka wurde auf Platz zwei (13%) und Rum auf Platz drei (10%) verwiesen.

 

Urbanowicz verriet, wo auch Bartenderinnen und Bartender herausfinden können, welche Produkte gerade angesagt sind: bei Google Trends. Eine Grafik zeigt es verblüffend: Suchanfragen und Abverkäufe zum gleichen Thema „matchen“ in hohem Maße. Steigt das eine, steigt auch das andere. Fällt das eine, tut es das andere auch. Übrigens: Die Konsumenten suchen vor allem nach Drinks, nicht nur nach dem jeweiligen Produkt. Aperol Spritz, Lillet Berry, Sarti oder Limoncello Spritz (hier also der generische Name, kein „brand call“) sind die Top-Kandidaten. Auch der alkoholfreie Crodino Spritz wird gerne gesucht – und sicher bald auch nach dem neuen Ramazzotti Aperitivo Arancia 0.0%. Ebenfalls könnte sich der Rhabarber Spritz zu einem Trend entwickeln, wenn die Suchanfragen weiter steigen wie aktuell, so die Marktforscherin. Gerne wird auch nach „Mocktails“, also alkoholfreien Cocktails, gesucht. Bei dem Begriff rümpfen Mixolog*innen gerne mal die Nase – aber er ist eben gelernt und Nichtprofis wesentlich geläufiger als etwa „No ABV”. Tipp: Darum sollte das Wort auf der Webseite und der dort einsehbaren Getränkekarte auftauchen, sodass Suchanfragen zur Bar führen. Womit wir schon beim zweiten großen Getränketrend sind.

Weniger Alkohol
 

Fakt ist: Es wird immer weniger Alkohol getrunken. Von 2008 ging der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland von 5,5 Liter (nur Spirituosen) auf 5,1 Liter zurück, über alle Kategorien inklusive Bier und Wein von 135 auf 115 Liter. Auch in der Gastronomie: Immer mehr Gäste ersetzen ein Getränk gegen das andere – etwa einen sanften Lillet Berry gegen den starken Gin Tonic. Sie trinken auch weniger, weil sie weniger oft in die Gastronomie kommen: 59% gaben 2024 an, weniger als im Jahr zuvor auszugehen. Sie trinken zudem weniger, indem sie als „Flexitrinker“, wie Tanja Urbanowicz sie nennt, abwechselnd Drinks mit und ohne Alkohol bestellen oder ein „Zwischenwasser“, was Pernod Ricard mit seiner Kampagne Drink More Water ausdrücklich unterstützt. Ein weiterer Auslöser des rückläufigen Konsums: Es wird temporär („dry january“, „dry july“, „sober october“) verzichtet oder sogar ganz. Im Durchschnitt trinken Erwachsene in Deutschland nur noch 2,9 Drinks innerhalb von sechs Monaten – ein historischer Tiefstand. Neben den klassischen Gründen für das Nichttrinken – Autofahren, Gesundheit – kommen besonders bei der jungen Generation Z (geboren zwischen 1996 und 2010) zwei weitere Faktoren hinzu: Erstens Selbstkontrolle. Smartphone und Social Media sind immer dabei – niemand möchte seinen Absturz am nächsten Tag auf den einschlägigen Plattformen dokumentiert sehen. Und zweitens: Der Kaloriengehalt alkoholischer Getränke ist heute für 20% der Befragten ein Grund für Verzicht. 
Tanja Urbanowicz schlussfolgert: „Alkohol wird Kulturgut bleiben, aber weniger werden.“ Was weniger dramatisch für die Bars sei als es klingt, denn: „Was bleibt, ist der Geschmack“, fügt die Getränke-Expertin hinzu.

Bars können mit alkoholfreien Drinks punkten...
 

Den gewünschten Geschmack bieten unter anderem alkoholfreie Spirituosen. Die wachsen: Sie kommen im Absatz (Handel und Gastronomie) schon auf 2,3 Mio. Liter, das entspricht der jährlich verkauften Menge an Tequila in Deutschland. Die Gastronomie habe das Potential, alkoholfreie Spirituosen und Drinks groß zu machen, so Urbanowicz und richtet sich an die Bar-Community: "Es obliegt euch, weil euch die Leute vertrauen." Auch sehr spannend werden alkoholfreie Drinks und Produkte mit funktionalem Mehrwert wie entspannendem oder anregendem Effekt durch Zutaten wie Ashwagandha (Pflanze aus der Ayurveda-Medizin), Ginseng oder CBD. Warum nicht einen (alkoholfreien) Drink mit dem "Schlafhormon" Melatonin als Nightcap anbieten, so Urbanowicz.

 

Mehr zum Thema Drinks mit Adaptogenen und Co. gibt es auch in der SIP-Studie Bars in 2035: Insights from the Leaders.

 

...und mit neuen Angeboten für die Community

 

"Macht euch Gedanken, wie ihr Alkohol ersetzen könnt", rät die Expertin. Und auch Gedanken dazu, welche Pull-Faktoren die Gastronomie den Menschen über das Trinkerlebnis hinaus auch bieten kann - denn das Bedürfnis nach Gemeinschaft ist groß. 76% der Ausgeh-Zielgruppe Gen Z fühlen Bestätigung, wenn sie sich in Gruppen mit gleichen Interessen aufhalten. Und das eben nicht nur virtuell, sondern auch besonders "in real life". Warum also diese Gruppen nicht in der Gastronomie zusammenbringen? Mit Bücherclubs, Brettspiel-Bars oder indem Vinyl auf die Plattenteller kommt wie in den Listening Bars?

Bietet man den Menschen ein Thema an, das sie gemeinsam anspricht, dann wird es einfacher, sie auch in Zukunft zu Gästen zu machen.

 

Fazit: Weniger Alkohol muss nicht weniger Umsatz bedeuten. Wer gezielt auf Drinks mit weniger Alkoholgehalt, alkoholfreie Alternativen, auf Wualität sowie auf Angebote für die Community setzt, kann aus der Veränderung sogar ein Wettbewerbsvorteil machen.

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