Dass in der Gastronomie derzeit keine „Happy Hour“ herrscht, ist bekannt. Zeigen auch die Zahlen: Die Umsätze in der Gastronomie befinden sich weiterhin unter Vor-Corona-Niveau und zwischen Gästen und Branche herrscht aktuell eine „On-Off-Beziehung“, wie Tanja Urbanowicz es nennt: Absturz der Umsätze in der Pandemie, Boom nach deren Ende 2022, zuletzt jedoch erneut leichte Rückgänge: 2024 sanken die Umsätze um 2,5%. Doch trotz dieser sehr ernüchternden Zahlen hatte die Marktforschungs-Expertin von Pernod Ricard eine leicht positive Prognose für die Barleute parat, denn aktuell zieht die Wirtschaft wieder etwas an, für dieses Jahr wird immerhin ein leichtes Wachstum prognostiziert, nachdem es zuletzt zwei Rezessionsjahre gab. „Ich bin positiv, dass es für die Branche besser wird“, so Urbanowicz. Besonders gute Aussichten auf Umsätze mit alkoholischen Getränken in der Gastronomie bietet, das zeigen ihre Zahlen deutlich, vor allem eine Kategorie.
Aperitif pays the bills
Denn während klassische Spirituosen wie Vodka, Gin oder Rum rückläufig sind, wächst die Aperitif-Kategorie von Jahr zu Jahr weiter. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass nur ein Drittel derjenigen, die in der Gastronomie Spirituosen konsumiert haben, eine hochprozentige wie die oben genannten wählten, zwei Drittel hingegen die weniger starken Aperitifs. „Das war vor drei Jahren noch anders. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo Aperitif das Maß aller Dinge und Ausdruck des Zeitgeistes ist“, sagt Tanja Urbanowicz. 2024 ist die Kategorie gegenüber dem Vorjahr noch einmal um satte 48% gewachsen. Und hieß es in der Barwelt bislang „vodka pays the bills“, so zahlen die Rechnung nun Aperitifs: Bereits 15 % des Spirituosen-Absatzes entfallen auf sie, Wodka wurde auf Platz zwei (13%) und Rum auf Platz drei (10%) verwiesen.
Urbanowicz verriet, wo auch Bartenderinnen und Bartender herausfinden können, welche Produkte gerade angesagt sind: bei Google Trends. Eine Grafik zeigt es verblüffend: Suchanfragen und Abverkäufe zum gleichen Thema „matchen“ in hohem Maße. Steigt das eine, steigt auch das andere. Fällt das eine, tut es das andere auch. Übrigens: Die Konsumenten suchen vor allem nach Drinks, nicht nur nach dem jeweiligen Produkt. Aperol Spritz, Lillet Berry, Sarti oder Limoncello Spritz (hier also der generische Name, kein „brand call“) sind die Top-Kandidaten. Auch der alkoholfreie Crodino Spritz wird gerne gesucht – und sicher bald auch nach dem neuen Ramazzotti Aperitivo Arancia 0.0%. Ebenfalls könnte sich der Rhabarber Spritz zu einem Trend entwickeln, wenn die Suchanfragen weiter steigen wie aktuell, so die Marktforscherin. Gerne wird auch nach „Mocktails“, also alkoholfreien Cocktails, gesucht. Bei dem Begriff rümpfen Mixolog*innen gerne mal die Nase – aber er ist eben gelernt und Nichtprofis wesentlich geläufiger als etwa „No ABV”. Tipp: Darum sollte das Wort auf der Webseite und der dort einsehbaren Getränkekarte auftauchen, sodass Suchanfragen zur Bar führen. Womit wir schon beim zweiten großen Getränketrend sind.